Wir haben ein paar Tage gebraucht, um unsere aufregende Antarktisreise etwas zu verarbeiten. Wir haben Ushuaia und seine schöne Umgebung für einige Wanderungen genutzt und Silvester im Nationalpark Tierra del Fuego gefeiert. Wobei „feiern“ vielleicht fast übertrieben ist, wenn man bedenkt, dass wir es nicht mal geschafft haben bis 24 Uhr wach zu bleiben… Immerhin gab es zum Abendessen eine Flasche Champagner und wir haben kurzerhand um 20 Uhr angestoßen, als in Deutschland das neue Jahr angebrochen ist. Unsere Müdigkeit war darin begründet, dass wir am sehr frühen Silvestermorgen von einem Tier am Dulli (Fuchs, Hase, Gans???) geweckt wurden und dann beschlossen haben, die frühe Stunde mit ihrem herrlichen Licht für die für den Tag geplante Wanderung auf den Cerro Guanaco zu nutzen. Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt, wir hatten den Weg und vor allem den Gipfel mit seinem spektakulären Rundumblick ganz für uns alleine bzw. konnten ihn ungestört mit einem Guanaco und einem Andenfuchs teilen.

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Wir haben das einfache Leben im Dulli nach dem Luxusurlaub wieder in vollen Zügen genossen. Eine simple Mahlzeit unter freiem Himmel kann es durchaus mit einem 3-Gänge-Menü aufnehmen und auch das eigene Bett war wieder richtig schön. Nach rund 3 Monaten auf Reisen und rund 2 Monaten im Dulli haben wir uns richtig gut eingelebt und so langsam fühlt sich unser tägliches Leben wirklich wie Alltag an. Wir sind immer wieder überrascht wie gut wir in unserem Reismobil zurecht kommen und trotz des wirklich begrenzten Platzes bietet es uns ausreichend Komfort. Der Dulli ist dank des tollen Innenausbaus super organisiert und wir beide sind ein eingespieltes Team. Die Rollen sind dabei recht klassisch verteilt. Während Malte seine Körpergröße für den täglichen Aufbau einbringt und sich um die Dulli-Technik kümmert, habe ich den Überblick in welchem Kasten sich was befindet und was noch eingekauft werden muss. Die Routenplanung machen wir zusammen, Malte macht Fotos, ich schreibe unsere Erlebnisse für den Blog nieder. Wir kriegen die Tage gut gefüllt und genießen es in vollen Zügen, den Inhalt der Tage absolut frei wählen zu können (und sind uns über die gewünschten Inhalte zum Glück auch meistens einig…).

Die meisten Morgende beginnen mit einem leckeren Kaffee aus unserer Bialetti und einer Sporteinheit, je nach klimatischen Bedingungen. In der Kälte steht eher mal eine Joggingeinheit auf dem Programm, während wir in der Wärme versucht haben regelmäßig einen kleinen Zirkel mit Kraftübungen zu absolvieren. Draußen, egal ob am Strand, in den Bergen, auf einer Wiese oder einem Sportplatz fällt es viel leichter sich zu motivieren als in einem stickigen Fitnessstudio. Im Anschluss gibt es Frühstück, meistens draußen, und danach fahren wir weiter, müssen einkaufen, Wäsche weg bringen (selber waschen mussten wir glücklicherweise noch nie), etwas am Dulli richten, gehen wandern, besichtigen die Umgebung oder oder oder. Es ist immer genug zu tun. Und alles dauert etwas länger als gewohnt. Auf dem Gaskocher kocht es sich langsamer, in einer Waschschüssel wäscht es sich langsamer ab und wenn etwas bestimmtes zu besorgen ist, klickt man nicht einfach auf „kaufen“ bei Amazon, sondern begibt sich auf eine zum Teil lange Suche in den verfügbaren Geschäften. Einen Schlafplatz suchen wir uns je nach Region am späten Nachmittag oder frühen Abend. Je länger es hell ist und je sicherer wir uns in der Gegend fühlen, desto mehr Zeit haben wir. Hier im Süden sind wir daher momentan immer sehr entspannt und finden häufig schöne Plätze, an denen wir kostenlos stehen können. An einem Platz direkt an der Magellan Straße schaute auch schon mal die Militärpolizei bei uns vorbei, zum Glück bevor wir schliefen. Wieder mal dachten wir, dass wir verscheucht werden, aber die Herren wollten einfach nur wissen ob alles ok ist und ob wir nicht lieber windstill hinter einem Haus parken wollen. Wollten wir nicht, denn der Ausblick war einfach zu schön (siehe Titelbild) und so verabschiedeten sich die beiden wieder und wünschten eine gute Nacht, die dann in der Tat sehr stürmisch wurde. 

Abends lieben wir das Kochen auf unserem Gaskocher und sind immer wieder überrascht was für leckere Kreationen dabei herauskommen. Wobei in der freien Natur ja ohnehin immer alles besser schmeckt. Auch drinnen haben wir schon gekocht, da sind die Kreationen dann eher weniger raffiniert, wenn auch nicht weniger lecker. Meistens lassen sich die Gerichte schlecht planen, denn das Angebot in den Supermärkten ist weniger verlässlich als in Deutschland. So ist beim Kochen eben immer wieder die Kreativität gefragt. Wir sind froh, wenn wir noch ein paar Seiten gelesen bekommen, bevor uns müde von den vielen Erlebnissen und Eindrücken des Tages in unserem 1,25 m breiten Bett die Augen zufallen. Für kalte oder regnerische Abende haben wir sogar ein „Kino“ installiert. Ein iPad samt Halter mit einem Gummiband über das Bett gespannt – fertig ist der gemütliche Kinosaal.

Von 40 bis 0 Grad haben wir auf unserer bisherigen Tour schon alles erlebt. Sturm und Regen waren zwar bisher gnädig mit uns, aber auch da konnten wir schon unsere Erfahrungen sammeln. Der größte Feind unseres Dulli-Alltags ist definitiv der Wind. Bei sehr starkem Wind müssen wir irgendwann das Dach zuklappen, was dazu führt, dass wir nicht mehr im Auto stehen, hinten sitzen oder das Waschbecken benutzen und eben auch nicht mehr oben schlafen können. Wir haben die Möglichkeit unten zu schlafen, das ist aber wirklich nur eine Notlösung. Bei dem Orkan an der Küste Uruguays vor einigen Wochen haben wir uns zwangsläufig nach unten begeben. Wie wir feststellen mussten, kommt dort allerdings ein recht beklemmendes Gefühl auf. Während die geringe Breite des Betts für eine Nacht ok ist, ist die geringe Höhe bis zur Decke wirklich unangenehm. Bisher waren wir nicht so die Typen für Platzangst, aber in der Nacht mussten wir ein paar Mal spontan die Tür aufreißen, Orkanböen zum Trotz. Glücklicherweise ist es bisher bei dem einen Einsatz des Not-Betts geblieben und beim nächsten (hoffentlich unwahrscheinlichen) Orkan geht es dann direkt ins nächste Hotel. Regen und Kälte können wir dank Standheizung und Sitzgelegenheit gut überbrücken, auf Dauer wird es dann aber definitiv zu eng und unbequem. Der Dulli ist eben vor allem in warmen Regionen in seinem Element. 

Vom Anfang der Panamericana (17.848 km bis Alaska) im Nationalpark Tierra del Fuego ging es weiter durch Feuerland in Richtung Norden. Das unspektakuläre Schild am Ende der Ruta 3 ist ein viel fotografiertes Motiv für viele Reisende, die hier ihren Weg in Richtung Norden beginnen oder die lange Reise aus Nordamerika beenden. Neben den vielen europäischen Overlandern, die mit einem Auto, LKW oder Wohnmobil unterwegs sind, treffen wir auch immer wieder Motorrad- und sogar Fahrradfahrer. Diese Begegnungen sind immer sehr heilsam, wenn wir doch mal das Gefühl haben, wenig Platz oder Komfort zu haben. Mit wie wenigen Sachen diese Leute die Panamericana oder einen Teil davon absolvieren, ist einfach unglaublich. 

Darüber hinaus warten immer viele Backpacker am Straßenrand auf eine Mitfahrgelegenheit, denen wir leider mit unseren zwei mit uns belegten Sitzen nicht helfen können. Als wir zwei davon aber abends an unserem Schlafplatz wieder trafen, als diese gerade völlig kaputt von der langen Warterei ihr Zelt aufbauten, boten wir Ihnen spontan an unsere Küche und unseren Tisch zu nutzen und sich an unseren Lebensmitteln zu bedienen. Da die beiden rein gar nichts zu essen dabei hatten und sechs Stunden vergeblich auf eine Mitfahrgelegenheit gewartet haben und schließlich zu Fuß an den Strand gelaufen sind, bekamen sie glänzende Augen bei der Aussicht auf einen Topf Nudeln. Voller Freude saßen wir schließlich mit dem Deutschen und dem Franzosen zusammen und hörten uns spannende Reisegeschichten aus einem bzw. drei Jahren in Südamerika an. 

Auf dem Weg konnten wir noch eine kleine Kolonie Königspinguine besuchen (bald haben wir sie alle) und per stark schaukelnder Fähre ging es von Feuerland über die Magellanstraße wieder auf das Festland nach Punta Arenas, wo wir uns bei Wind und immer noch kühlem Wetter mal wieder ein Hostel gegönnt haben. Hier tanken wir uns (duschen, einkaufen, evtl. sogar Frisör) und den Dulli (Ölwechsel, Gas und Diesel tanken, waschen, Steinschlag reparieren) ein paar Tage lang auf, bevor es weitergeht in Richtung Nationalpark Torres del Paine.


Unterkünfte

Ort: Ushuaia
Art: Campingplatz
Preis: 350 ARS
Annehmlichkeiten: warme Duschen, Aufenthaltsraum mit Ofen, Küche zur Gemeinschaftsnutzung, schnelles Wifi
Sonstiges: sehr freundliche Besitzer, bei schlechtem Wetter kann man sich gut drinnen aufhalten
Koordinaten: S 54.82780, W 68.36138

Ort: Ushuaia
Art: freies Camping am Sessellift
Preis: kostenlos
Annehmlichkeiten: Wifi und Toiletten im Café
Sonstiges: ruhiger Platz
Koordinaten: S 54.79946, W 68.37031

Ort: Nationalpark Tierra del Fuego, Laguna Verde
Art: Campingplatz
Preis: kostenlos, Eintritt in den Park muss gezahlt werden
Annehmlichkeiten: Toiletten
Sonstiges: sehr schöner Platz am Fluss
Koordinaten: S 54.83976, W 68.57169

Ort: Tolhuin
Art: Campingplatz
Preis: 200 ARS
Annehmlichkeiten: warme Duschen, kleine Bar
Sonstiges: sehr nette Besitzer, Hippie Atmosphäre, direkt am See
Koordinaten: S 54.52597, W 67.23220

Ort: Nördlich von Rio Grande
Art: freies Camping am Strand
Preis: kostenlos
Annehmlichkeiten: keine
Sonstiges: schöner, ruhiger Platz unterhalb einer Klippe am Atlantik
Koordinaten: S 53.69008, W 67.84180

Ort: Porvenir
Art: freies Camping an der Magellan Straße
Preis: kostenlos
Annehmlichkeiten: keine
Sonstiges: schöner, ruhiger Platz mit tollem Blick über die Magellan Straße, kein Windschutz
Koordinaten: S 53.1855.54, W 70.271714

Ort: Punta Arenas
Art: Hostel
Preis: 38.000 CLP für ein DZ mit eigenem Bad und Frühstück
Annehmlichkeiten: warme Duschen, Esszimmer
Sonstiges: sehr niedliches und gepflegtes Hostel
Koordinaten: S 53.15754, W 70.89079

6 Gedanken zu “Feuerland – am Anfang der Panamericana

  1. Nach der aufregenden Reise in die Antarktis geht es tatsächlich wohl etwas ruhiger zu.
    Es hört sich aber trotzdem immer noch spannend an und es werden sicher bald neue Abenteuer auf euch warten.Wir wünschen euch jedenfalls weitere spannende Abenteuer und eine angenehme
    Weiterfahrt. Tolle Bilder von dieser Tour zeigt ihr jedenfalls wieder. Hel

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  2. Wunderschöne Bilder und es freut mich sehr, wie gut Ihr zurecht kommt auf engsten Raum und Ihr Euren Dulli so sehr liebt. Einfach schön, von Euch zu hören. Erholt euch gut im Hostel und hoffentlich lässt der Sturm bald nach und es wird wieder wärmer zur Weiterfahrt. viele Grüsse aus Hamburg – heute mal bei -10 Grad….brrrrr…..kalt… Eure Tanja

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  3. Danke, liebe Tanni! Wir waren heute sehr fleißig und sind nun wieder gut gerüstet für die Weiterfahrt in den Nationalpark. Morgen geht es weiter, bis dahin legen wir noch etwas die Füße hoch und genießen ein beheiztes Zimmer und Bad. Aber bei euch ist es ja wohl noch viel kälter… Brrrr! Haltet durch und alles Liebe aus Punta Arenas, Ali und Malte

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  4. Hallo,
    ihr beiden, vorerst will ich mich bei euch bedanken für die raschen Antworten. Mir gefallen eure Berichte sehr gut, besonders beeindrucken mich eure traumhaften Bilder. Wie ich sehe habt ihr jetzt auch mal Zeit für die .Alltäglichen Dinge. Vieles wie das Kochen und Campen wird jetzt schon zur Routine. Hallet die Ohren steif und alles gute weiterhin Heinz

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  5. Ach wie freu ich mich immer wenn ich Abends im Bett liege, die Kinder schlafen und ich voller Spannung eure neusten Abendteuer lesen kann! Du schreibst wirklich toll Ali und Maltes Fotos sind einmalig !!!
    Ich wünsche Euch weiterhin eine tolle Zeit und warte auf Euren nächsten Bericht.
    Grüsse aus dem eisigen Hamburg

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