Die Fährüberfahrt auf die Baja California, die Halbinsel ganz im Westen Mexikos, war problemlos und wir ergatterten sogar kurzfristig noch eine der Kabinen an Bord, so dass wir die Nacht nicht auf einem Sessel sitzend verbringen mussten. Dulli stand sicher im Frachtraum und wir fanden trotz unserer knurrenden Mägen und der auf eisschranktaugliche Temperaturen eingestellten Klimaanlage etwas Schlaf. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund darf man kein eigenes Essen mit auf die Fähre nehmen, was entgegen der Erzählungen von anderen Reisenden bei uns auch streng kontrolliert wurde. Es ist aber nicht so, dass die Fährgesellschaft einfach überteuertes Essen verkaufen will, sondern das Bordessen ist ohnehin im Fahrpreis inkludiert. Man wird also einfach nur gezwungen das wirklich unansehnliche Essen aus der Bordküche zu essen oder (so wie wir) zu fasten… Auf der Baja California angekommen erwartete uns ähnlich schönes Wetter wie auf dem Festland (30 Grad und Sonne), dazu aber noch kristallklares Meerwasser und noch schönere Strände. Auf direktem Weg fuhren wir nach La Ventana, dem wohl berühmtesten Kitespot Mexikos.

Karte Baja

Wir richteten uns auf einem Campingplatz am Ortsrand ein auf dem ein paar Snowbirds (Kanadier und US-Amerikaner, die dem heimischen Winter entfliehen) überwinterten und weitere Kiter ihr Lager aufgeschlagen hatten, die die herrlichen Bedingungen nutzten. Die Gemeinschaft auf dem Platz war unglaublich nett und wir waren selten von ausschließlich so freundlichen Leuten umgeben. Das gemeinsame Hobby verbindet eben. Der Ort ist ganz und gar dem Kitesurfen verschrieben und es gibt diverse Kite-Schulen und -Shops, im Schnitt an 4 von 7 Tagen Wind und eine riesige Bucht, die allen ausreichend Platz bietet. Uns war schnell klar, dass wir hier eine Weile bleiben und seit Langem mal wieder etwas Urlaub vom Reisen machen werden.

An den windfreien Tagen konnten wir im spiegelglatten Wasser schon beim normalen Schwimmen mit Schwimmbrillen Korallen, bunte Fische, Seesterne, Seeigel und Langusten im glasklaren Wasser bewundern. Unsere Nachbarn Karin und Michael aus Colorado (beide Mitte 70) hatten einen riesigen Anhänger voller „Spielzeug“ dabei mit allem was das Herz begehrt: neben einer umfangreichen Kite-Ausrüstung gab es Stand-Up-Paddle-Boards, ein kleines Motorboot, E- Mountainbikes und eine Cross-Maschine. Das Beste daran war, dass sie sehr großzügig mit dem Verleih ihrer Ausrüstung waren und so konnten wir auch mal motorisiert die Küste entlangfahren und dabei sogar eine Schildkröte im Wasser bewundern. Von den SUPs hatten wir freien Blick auf die Fischschwärme unter uns. Das anschließende Fotoshooting unter Michaels genauen Anweisungen durfte natürlich nicht fehlen:

Das absolute Highlight unserer sonstigen Aktivitäten neben dem Kitesurfen war aber ein Ausflug zu den Walhaien, die es im Golf von Kalifornien sehr zahlreich gibt. Mit diesem größten Fisch der Welt (bis zu 14m Länge) kann man auf geführten Touren schnorcheln. Wobei die Touren (zum Glück) sehr stark von der Regierung reguliert werden, so dass man die gefährdeten Tiere nicht unnötig beeinträchtigt. Mit einem kleinen Boot fuhren wir in nur wenigen Minuten ein Stück an der Küste vor La Paz entlang als wir auch schon die ersten Tiere sichteten. Also schnell die Flossen an die Füße, den Schnorchel installiert und rein ins Wasser. Zuerst war uns etwas mulmig zumute als dieser Koloss direkt auf uns zu und dann ganz entspannt neben uns schwamm. Da der Hai aber völlig unbeeindruckt von unserer Anwesenheit weiter seine Linie schwamm und auf seinem Speiseplan zum Glück nur Plankton und Kleinstlebewesen stehen, entspannten wir uns schnell und schwammen ganz gebannt neben diesem riesigen Meeresbewohner. Drei Mal durften wir ins Wasser bevor es wieder zurück in den Hafen ging, wobei uns als krönender Abschluss noch mehrere Delphine begleiteten. Was für ein Erlebnis! Als unser Guide uns anschließend dann noch zu einem hervorragenden Restaurant zum Lunch begleitete und uns eine tolle Bäckerei und einen Käseladen zeigte (Brot und Käse sind wohl die Lebensmittel, die wir auf der ganzen Reise am schwierigsten in guter Qualität bekommen), war unser Tag perfekt.

Neben den actionreichen Kite-Sessions und diesen tollen Ausflügen gab es in La Ventana nicht viel zu tun außer im Schatten zu dösen, beim örtlichen Tante-Emma-Laden ein paar Dinge für das Abendessen zu besorgen oder an einer der örtlichen Taquerias oder Seafood-Restaurants Halt zu machen, den fast weißen Strand entlang zu wandern und den Mantarochen und Delphinen in der Ferne beim Springen zuzusehen. Von solchen Plätzen haben wir sehr lange geträumt und so entschleunigt waren wir wohl nur selten auf der Reise, hier passte einfach alles. Tagsüber hatten wir sehr warmes, sonniges Wetter, die Nächte waren aber kühl, es gab keine Insekten, die uns malträtierten (wie sonst so häufig an den Küsten) und wir konnten endlich mal wieder richtig entspanntes Campingleben direkt am Strand entfalten. Das Beste aber waren wirklich die anderen Leute, zu denen wir so ein nettes Verhältnis bekommen haben, dass wir einige von ihnen voraussichtlich auf unserer Tour durch die USA besuchen werden.

Sandra und Timo, die wir in Oaxaca mit ihrem noch in der Restaurierung befindlichen Bulli zurück gelassen hatten, folgten uns auch überraschend schnell auf die Baja und wir freuten uns sehr über das erneute Wiedersehen. Da die beiden aber eher auf der Suche nach einem guten Surfspot waren, zog es sie nach zwei Nächten mit uns am Kitestrand weiter an den Pazifik auf der Suche nach der perfekten Welle. Nach fast einem Monat in La Ventana und einer tollen Lernkurve auf dem Kiteboard schafften dann auch wir den Absprung und den Abschied aus diesem Paradies. Die Temperaturen stiegen durch den nahenden Sommer ohnehin immer weiter und auch wenn die Nächte und das Wasser nach wie vor erfrischend waren, bekamen wir eine Ahnung davon wie unerträglich heiß es auf der südlichen Baja California im Sommer wird. Mit der Hitze wird auch der Wind immer weniger, was uns den Abschied ein wenig erleichterte. Wir freuten uns außerdem inzwischen wahnsinnig auf die USA und darauf Lateinamerika nach 1,5 Jahren schließlich hinter uns zu lassen. Mexiko bietet uns zwar bereits ein sehr viel entspannteres Reiseerlebnis als es vielerorts in Südamerika der Fall war, allerdings erscheinen uns die USA nach so langer Zeit mit sehr unterschiedlichem Komfortniveau sehr verlockend.

Diese Vorfreude motivierte uns dazu, ganz entgegen unserer sonstigen Art, den Weg nach Norden sehr zügig zu absolvieren. Die Landschaft unterwegs bietet ohnehin nicht viel Abwechslung: Wüste, Kakteen, Sand, Staub, ein paar Berge und gelegentlich eine (harmlose) Militärkontrolle, aber zum Glück auch immer mal wieder einen Ausblick auf das türkisblaue Wasser. Abstecher zu den einsamen Stränden der Halbinsel unternahmen wir nicht, unseren Traumstrand hatten wir in La Ventana bereits gefunden und ausgiebig genossen. Eine wirklich kuriose Begegnung hatten wir dann noch inmitten dieser kargen Landschaft: wir legten eine kleine Verschnaufpause am Straßenrand ein, als plötzlich ein deutscher Defender um die Kurve bog. Karo und Philipp von „The Sunnyside“ stiegen aus ihrem Willi und obwohl wir alle eigentlich noch ein paar Kilometer in entgegengesetzten Richtungen vor uns hatten, begutachteten wir ausgiebig das jeweils andere Auto und tauschten uns aus. Die beiden kamen gerade aus den USA und konnten uns mit Tipps versorgen, während wir ein wenig vom Süden berichteten. Es ist ja immer schön andere Overlander zu treffen, aber über andere Defender Fahrer freuen wir uns natürlich umso mehr.

The Sunnyside

Unseren letzten Stopp in Mexiko legten wir im Valle de Guadaloupe im Norden der Baja California ein. Dort gibt es ein wirklich sehr hübsches Weinanbaugebiet mit sehr leckeren Erzeugnissen – wer hätte das gedacht. Wir waren von der Landschaft und den guten Tropfen so begeistert und brauchten ohnehin dringend eine Verschnaufpause nach den langen Fahrtagen, dass wir beschlossen uns zwei Tage auf einem Weingut zu gönnen. So sind wir ausgeruht für den Grenzübergang in die USA, vor dem wir ein wenig aufgeregt sind. Zum Glück haben wir ein Visum für 180 Tage, aber von eben dieser Visumsbeantragung erinnern wir uns noch gut daran, wie unangenehm die US-Beamten sein können. Wir hoffen sehr, dass für uns und für Dulli alles problemlos und zügig verläuft. Und dann heißt es erstmal endgültig „Adiós Latinoamérica“.


Unterkünfte:

Ort: La Ventana
Art: Campingplatz
Preis: 250 MXN
Annehmlichkeiten: saubere Waschräume mit warmer Dusche, Wifi, Außenküche, Strom und Wasser an jedem Platz
Sonstiges: schöner, ruhiger Platz am Ortsrand mit direktem Zugang zum (Kite-)Strand, Meerblick
Koordinaten: 24.08916, -109.99306

Ort: Mulege
Art: Campingplatz
Preis: 200 MXN
Annehmlichkeiten: saubere Toilette, warme Dusche, Wifi, Strom
Sonstiges: gepflegter Platz in einer grünen Oase
Koordinaten: 26.89874, -111.97428

Ort: San Quintin
Art: Campingplatz
Preis: 170 MXN
Annehmlichkeiten: Toilette, warme Dusche, Wifi
Sonstiges: ein ruhiger Übernachtungsplatz nahe am Pazifik
Koordinaten: 30.40884, -115.92326

Ort: El Porvenir
Art: Weingut
Preis: 3.000 MXN
Annehmlichkeiten: Restaurant, Wifi
Sonstiges: sehr schöne, geräumige Zimmer mit Balkon
Koordinaten: 32.064588, -116.654374

3 Gedanken zu “Adiós Latinoamérica auf der Baja California

  1. Toll, nun begleiten wir euch schon seit Beginn an. Mit jedem eurer Berichte werden wir angespannter, am kommenden Sonntag bringen wir unseren Olli nach Hamburg an den Hafen. Am 13.5. heht der Flieger nach Halifax.
    Ev kreizen sich unsere Wege.
    Gute Fahrt

    Gefällt 1 Person

  2. Hallo ihr zwei freue mich für euch dass es euch noch so viel Spass macht, danke für die schönen Bilder und Berichte wünsche euch noch ein entspanntes reisen bleibt mir gesund. LG.Heinz

    Gefällt 1 Person

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