Der Grenzübertritt nach Ecuador war durchaus überraschend. Die Grenzer und Zöllner waren im Gegensatz zu den Peruanern, die am liebsten noch bei der Ausreise ein Schmiergeld kassieren wollten, extrem freundlich und begrüßten uns herzlich in ihrem Land. Die Vegetation änderte sich schlagartig, obwohl wir zur Grenze von unserem letzten Campingplatz nur gute 60 km zurücklegten. Heiß und schwül, richtig tropisch war das Klima. Bananenplantagen säumten links und rechts die Straße in dem Land, welches der größte Bananenexporteur der Welt ist. Nach einem Stopp in Guayaquil, der größten Stadt und dem Wirtschaftszentrum des Landes, ging es entlang der Ruta del Sol immer weiter in Richtung Äquator. In diesem Land soll es nun also wieder zurück auf die Nordhalbkugel gehen, wie aufregend! Aber zunächst freuten wir uns extrem über das warme, sonnige Wetter an der Küste. Das erste Mal seit den Anfängen unserer Reise schliefen wir mal wieder mit rundherum geöffneten Fenstern und nur wenig mit unseren Schlafsäcken zugedeckt. Endlich kamen wir also in Gefilde, in denen wir mit Dulli klimatisch wieder voll in unserem Element waren.

Karte

Die ecuadorianische Küste ist sehr hübsch mit langen, recht breiten Stränden und klarem, warmen Wasser, Fischern, die hier noch in erster Reihe am Strand leben und einer sehr freundlichen Atmosphäre. Die Surf-Strände besuchten wir nur auf der Durchreise, uns zog es an DEN Kite-Spot in Ecuador, Santa Marianita. Dort angekommen mieteten wir uns eine kleine Hütte mit eigenem Bad und Meerblick, denn Camping Infrastruktur gab es nicht. Aber sowas ist gerade zum Kiten ja auch mal schön und praktisch. Die Bedingungen an dem Spot waren völlig anders als wir es aus Paracas kannten: Wellen, offenes Meer, aber auch wärmeres Wasser und sehr konstanter Wind. Wir mussten uns erst mal daran gewöhnen. Gerade ich fand das Rein- und Rausgehen mit Kite und Board in der Brandung sehr gewöhnungsbedürftig. Zum Glück bekamen wir Tipps von einem sehr netten Kite-Lehrer und von Hilde und Michael, zwei deutschen Reisenden, die sich für drei Wochen in Santa Marianita ebenfalls zum Kiten niedergelassen hatten. Der Ort ist ziemlich verschlafen und außer dem Strand und ein paar einfachen Restaurants gibt es nicht viel. Eine kleine Community aus US- amerikanischen und kanadischen Rentnern hat es sich hier gemütlich gemacht und trifft sich regelmäßig abends an der Bar eines der Restaurants. Wir wurden herzlich aufgenommen, offensichtlich waren wir eine willkommene Abwechslung für die abendlichen Gespräche. Während der Tage sahen wir erneut jede Menge Buckelwale, die sich vor der Küste tummelten. Man kann den Tieren auch beim kiten sehr nahe kommen, das fanden wir dann allerdings doch ein wenig zu beängstigend und haben uns solche Manöver lieber gespart…

Quer durch das wirklich hübsche Land mit seiner üppigen Vegetation, wiederum vorbei an Bananen-, aber auch an Kakao-Plantagen ging es anschließend nach Quito. In der Hauptstadt trafen wir Gerd, einen deutschen, 87-jährigen Hostelbesitzer, auf der Reeperbahn geboren und später Besitzer eines Porno-Theaters auf der Großen Freiheit. Zur Begrüßung sangen wir erst mal gemeinsam eine Runde „An de Eck steiht ́n Jung mit ́n Tüddelband“ und fühlten uns sofort heimisch. Gerd ist ein echtes Hamburger Original, mit norddeutschem Schnack, trockenem Humor und teilweise hatten die Geschichten und Situationen Kabarett-Charakter. Es war einfach nur herrlich! Das ganze Hostel ist sehr altmodisch deutsch aufgezogen und wir fühlten uns wie irgendwo zwischen Kiez-Kneipe und Besuch bei den Großeltern. Quito, die Stadt des ewigen Frühlings, ist wohl eine der wenigen lateinamerikanischen Städte mit einer sehr hübschen Altstadt. Prunkvolle Kirchen, kleine Gassen und viel Trubel laden zum Bummeln ein. Darüber hinaus gibt es in der Neustadt ein richtig lustiges Ausgeh-Viertel, in dem wir einen Abend mit Herke und Marleen verbrachten, die wir zum mittlerweile vierten Mal zufällig trafen. Dann ging es aber wieder raus aus der trubeligen Hauptstadt und ab auf die Galapagos-Inseln, Ecuadors einzigartigem Naturparadies. Gerd bereitete uns vor dem Abflug sogar um 4 Uhr morgens Frühstück zu. „Min Deern – Du kannst doch nich ohne ne anständige Mahlzeit ausm Haus gehn…“ Über unseren Galapagos Trip könnt ihr hier lesen: Unser Galapagos Tagebuch

Nach unserer Rückkehr aus dem Paradies zogen wir erst mal wieder bei Gerd ein. Das war so richtig wie nach Hause kommen. Wir benötigten ein paar Tage, um uns wieder in der Höhe zu akklimatisieren, unsere Vorräte aufzustocken und einen Ölwechsel bei Dulli machen zu lassen. Dann nahmen wir aber endgültig Abschied von Quito und „Opa Gerd“ und fuhren in den Nationalpark Cotopaxi, der den gleichnamigen Vulkan umgibt. Der Cotopaxi ist mit 5897m einer der höchsten, aktiven Vulkane der Erde und sein Anblick ist wirklich atemberaubend. Wir hatten großes Glück mit dem Wetter und fast die ganze Zeit freie Sicht. Der Campingplatz ist ebenso wie der Park selbst ein echtes Highlight und wir hatten den schneebedeckten Vulkan sogar aus dem Bett immer gut im Blick. Wir fühlten uns bei der tollen Landschaft ein wenig nach Patagonien zurückversetzt und freuten uns sehr, dass wir uns seit Langem mal wieder richtig wohlfühlten in den Bergen. Auch die Höhe von 3.800m und die eiskalte Nacht tat dem keinen Abbruch.

Am nächsten Morgen wollten wir den erloschenen Vulkan Rumiñahui erklimmen, der zum einen „nur“ 4.630m hoch ist und zum anderen fantastische Ausblicke auf den Cotopaxi und die weiteren umliegenden Berge und Täler bietet. Wir hätten es auch fast geschafft… Unglaubliche 100m und 25 Höhenmeter vor dem Gipfel mussten wir völlig erschöpft aufgeben. Auch jetzt ist es noch unglaublich, dass so eine geringe Distanz an einem gewissen Punkt nicht mehr zu meistern ist. Aber einmal mehr hat uns die Natur unsere Grenzen aufgezeigt und wir mussten demütig eingestehen, dass die dünne Luft in Kombination mit der großen Anstrengung nicht gerade für eine Verbesserung der Trittsicherheit sorgt. Und dann geht Sicherheit einfach vor, bevor sich einer von uns in einem so abgelegenen Gebiet verletzt. Dabei hat die Wanderung so schön angefangen mit einem leichten Anstieg durch einsame Wiesen, auf schmalen Pfaden und mit herrlichen Ausblicken. Die Hälfte der Höhenmeter war geschafft, aber auch schon 3/4 der Strecke. Das konnte nur eins bedeuten: es wird gegen Ende verdammt steil. Es wurde nicht nur steil sondern auch rutschig. Auf einem sandigen, steilen Abhang kämpften wir uns dem Gipfel entgegen. Durch den losen Sand ging es gefühlt immer zwei Schritte vor und einen zurück. Wir legten zwei Pausen ein, gingen aber immer weiter, es war ja eigentlich nicht mehr weit. Nach einer kurzen Kraxelei waren wir dann aber so erschöpft, stolperten mehr als das wir gingen und hatten das Gefühl, einfach nicht mehr genügend Luft zu bekommen. So siegte schließlich die Vernunft und wir machten uns langsam und Schritt für Schritt an den Abstieg. Wir waren am Ende des Tages trotzdem sehr stolz auf unsere Leistung in dieser Höhe und überglücklich wieder heil vom Berg herunter zu sein.

Am nächsten Tag gönnten wir uns zur Erholung ein paar Stunden in den Thermen von Papallacta. Das heiße Wasser wirkte Wunder für unsere erschöpften Muskeln und wir waren wieder fit für die Fahrt über den Äquator. Nach über 13 Monaten ging es nun also zurück auf die Nordhalbkugel. An der Äquatorlinie befindet sich eine große Sonnenuhr und wir bekamen sogar sehr kompetente Erläuterungen zum Sonnenstand, den Längen- und Breitengraden, Sternenbildern etc. Wir legten noch einen letzten Übernachtungsstopp in Ecuador in der Nähe von Ibarra ein, bevor es über die kolumbianische Grenze gehen sollte. Kolumbien wird das mittlerweile neunte Land auf unserer Reise sein und eines auf das wir uns sehr freuen. Allerdings hat uns auch Ecuador als Reiseland extrem begeistert und gehört definitiv zu unseren Favoriten. Trotz der überschaubaren Größe bietet es alle verschiedenen Vegetationszonen, von der schönen Küste über die Anden bis hin zum Regenwald des Amazonas. Hinzu kommen die Galapagosinseln, so dass wir etwaigen Südamerika-Reisenden momentan wohl dieses kleine und touristisch nicht überlaufene Land sehr ans Herz legen würden. Wir fühlten uns jederzeit sehr sicher, die Straßen sind unglaublich gut, das Land ist vergleichsweise sauber und die Menschen sind überaus gastfreundlich. Ecuador hat unsere Herzen erobert!


Unterkünfte:

Ort: Puerto Jeli
Art: Camping auf einem Bauernhof
Preis: 10 USD
Annehmlichkeiten: sauberes Bad, kalte Dusche, Wifi, Pool, Kiosk
Sonstiges: sehr freundlicher Besitzer, einfacher Platz, viele Tiere, man kann Maracuyas und Guaven sammeln, die vielen Tiere sind nachts recht laut
Koordinaten: -3.42276, -79.99476

Ort: Guayaquil
Art: Hotel
Preis: ab 250 USD
Annehmlichkeiten: alle erdenklichen
Sonstiges: Kolonialstil, perfekter Service, das schönste (Stadt-)Hotel unserer Reise
Koordinaten: -2.084148, -79.521048

Ort: Montañita
Art: Camping vor einem Hostel
Preis: 10 USD
Annehmlichkeiten: Toilette, kalte Dusche, Wifi, Aufenthaltsraum Sonstiges: direkt am Strand, sehr netter Besitzer, sehr rustikal
Koordinaten: -1.83476, -80.75108

Ort: Santa Marianita
Art: Cabaña
Preis: 40 USD (nach Verhandlung)
Annehmlichkeiten: saubere, einfache Hütten mit Bad und Kühlschrank, Pool Sonstiges: neue, sehr ordentlich Anlage direkt am Strand
Koordinaten: -0.585806, -80.50378

Ort: La Esperanza
Art: Camping vor einem Hotel
Preis: 5 USD
Annehmlichkeiten: Toiletten
Sonstiges: ruhiger, rustikaler Platz
Koordinaten: -0.93284, -79.05579

Ort: Quito
Art: Camping vor einem Hostel
Preis: 14 USD Camping, 50 USD für ein DZ mit eigenem Bad und sehr gutem Frühstück Annehmlichkeiten: warme Dusche, Wifi
Sonstiges: sehr netter, deutscher Besitzer, Camping etwas laut direkt an der Straße, dafür sehr zentral gelegen
Koordinaten: -0.20052, -78.49417

Ort: Nationalpark Cotopaxi
Art: Campingplatz
Preis: kostenlos
Annehmlichkeiten: Toiletten, kleines Restaurant
Sonstiges: weitläufiger, hübscher Rasenplatz mit tollem Ausblick auf den Cotopaxi, die Toiletten sind eher zum abgewöhnen, auf 3.800 m, nachts daher kalt
Koordinaten: -0.63392, -78.48199

Ort: Tumbaco
Art: Camping bei einer Cabaña
Preis: 14 USD
Annehmlichkeiten: sauberes Bad, kalte Dusche, schnelles Wifi
Sonstiges: schöner Platz auf einer Wiese, der Besitzer ist Holländer und sehr hilfsbereit Koordinaten: -0.21601, -78.36101

Ort: Laguna de Yahuarcocha
Art: Campingplatz
Preis: 12 USD
Annehmlichkeiten: saubere Bäder, warme Dusche, schnelles Wifi, Café (sonntags geöffnet)
Sonstiges: sehr schöner Platz mit Blick auf denn See, leider sehr viele stechende Insekten
Koordinaten: 0.38083, -78.08948

3 Gedanken zu “Ecuador – Klein aber Oho

  1. Wieder einmal ein toller Bericht. Es liest sich so entspannt, wahrscheinlich seid ihr auf diesem Teil der Reise auch viel entspannter. Wir wünschen euch auf dem weiteren Abschnitt eurer Reise ebenso schöne Erlebnisse und Abenteuer .
    Alles Liebe aus der Heimat
    Eure Muddi

    Gefällt 1 Person

  2. Hallo ihr zwei, wieder ein toller Bericht von euch, wenn ich die Bilder sehe und den Bericht lese, da kommen bei mir auch die Erinnerungen hoch. Therme Papallacta mit seinen sehr heißen Quellen und zugleich der Blick auf den Vulkan Antisana, bin auch bei Sonnenaufgang und bei klirrender Kälte am Gipfel des Cotopaxi gestanden, Guamote Indianermarkt, Alausi Zugfahrt zur Teufelsnase. Wir wollten auch den Chimborazo besteigen, sind aber nur bis zur Whymper Schutzhütte 5000m gekommen, mussten aber dann wegen Schlechtwetters den Gipfelsturm abbrechen. Sind dann über Banjos, Punjo zum Rio Napo und dann mit dem Boot in den Regenwald zur Casa del Suizo gefahren. Auch den Ausbruch des Tungurahua konnte ich live miterleben. Jetzt aber genug wünsche euch noch eine spannende Weiterreise und bleibt mir gesund. Bolivien wird sicher spannend.
    Heinz

    Gefällt 1 Person

  3. Hallo Heinz, na, da hast Du ja eine Menge von Ecuador gesehen und unglaubliche Abenteuer erlebt. Wir sind ja nicht so die geborenen Bergsteiger, aber die Vulkane in Ecuador haben uns wirklich begeistert! Kolumbien ist traumhaft schön, nur leider regnet es noch recht viel. Wir machen das beste draus und nutzen die Regenpausen bzw. planen die weitere Route. Alles Liebe in die Heimat!
    Ali & Malte

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