Wer nach den ersten drei Themen zum Reisen in Südamerika, Essen, Preisniveau und Sicherheit (den Artikel findet ihr hier Mythen und Wahrheiten über das Reisen in Südamerika – Teil 1) noch über ein paar weitere Aspekte eines Roadtrips quer über den Kontinent lesen möchte, kann das nun tun. Heute geht es um die „Straßen / benötigte Reichweite“, das „Camping“ und um das „Klima“.
Straßen / benötigte Reichweite
Auch über den Zustand der Straßen und insbesondere über die Dichte der Tankstellen in Südamerika wurden uns einige Märchen erzählt. Aber zunächst zu den Straßen. Diese sind im Schnitt im Norden des Kontinents besser, was einfach an der größeren Bevölkerungsdichte liegt. Dennoch konnten wir fast auf der gesamten bisherigen Reise lediglich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h rechnen. In Uruguay liegt das an den unvermittelt auftauchenden, immens großen Schlaglöchern (im Landesinneren), in Patagonien an den vielen Schotterpisten, weiter im Norden an den vielen Dörfern und Städten, die häufig im Schritttempo durchquert werden müssen, den gerade in Kolumbien sehr kurvigen Strecken und den LKWs, die vor einem her schleichen oder den Baustellen, an denen man auch gerne mal eine halbe Stunde wartet.
- Die fantastische Ruta 3 an der Atlantikküste Argentiniens ist eine echte Ausnahme
- Diese kleine Kraxelei am Vulkan Villarrica ist aber auch nicht die Regel
Es gab wenige Ausnahmen von dieser Regel, z.B. die Hauptstraße an der Atlantikküste in Argentinien oder die Autobahn in Chile, die das Land von Nord nach Süd zumindest bis Patagonien durchquert. Ansonsten hat unsere Planung mit 50 km/h Durchschnitt immer extrem gut gepasst. Die Lateinamerikaner selber sind unter Umständen schneller, was allerdings an deren waghalsigen Manövern, wie Überholen ohne Sicht vor engen Kurven, der Eröffnung mehrerer neuer Spuren auf eigentlich einspurigen Straßen liegt oder daran, dass ihnen ihre fahrbaren Untersätze eben völlig egal sind und sie mit Highspeed über Wellblech-Pisten rasen. Aber so sind wir nunmal nicht, auch wenn wir unsere Fahrweise zugegebenermaßen im Laufe der Zeit ein wenig angepasst haben. Aber den Blinker setzen wir immer noch regelmäßiger und die Hupe sparsamer ein, auch wenn das wohl häufig eher zu Irritationen führt. Der Lateinamerikaner schaltet lieber bei jeder Gelegenheit den Warnblinker an und man weiß nie, ob Gefahr in Verzug ist, er links oder rechts abbiegen will (das wird nur gelegentlich zusätzlich mit einem Winken aus dem jeweiligen Seitenfenster angezeigt) oder ob er einfach nur einen Bekannten grüßt oder spontan rechts ranfährt. Im Zweifel halten wir eben einfach Abstand und warten gespannt ab.
- So sehen die typischen Schotterpisten im Altiplano aus
- Diese kurze Offroad-Piste in Kolumbien war für Dulli kein Problem
- Nach einer heftigen Schlamm-Strecke sieht Dulli mitgenommen aus
Das alles mag vielleicht mehr oder weniger der Vorstellung von Südamerika entsprechen, die vielen Empfehlungen für die Mitnahme von Diesel-Kanistern für eine größere Reichweite waren hingegen unnötig. Tankstellen sind überall in ausreichender Dichte vorhanden. Es gibt einige wenige Abschnitte, wie z.B. die Lagunenroute in Bolivien, auf der wir zu unserer Beruhigung einen Kanister mitgenommen hätten, aber den gibt es dann bei Bedarf auch für ein paar Euro an jeder Tankstelle. In Argentinien war eher die Bargeldbeschaffung ein Problem und die Tankstellen, die keine Karten nehmen, aber wenn man ausreichen US-Dollar dabei hat, ist auch das Problem einfach lösbar. Wir haben mit unserem Zusatztank eine Reichweite von ca. 850-1.000 km, das reicht völlig! Und auch die sonstigen Tipps zur Ausrüstung des Fahrzeugs mit Seilwinde & Co. sind auf jeden Fall optional zu sehen. Um solche Offroad-Ausrüstung wirklich zu benötigen, muss man es schon sehr darauf anlegen. Ausreichend Bodenfreiheit ist hingegen wirklich sinnvoll, Allrad-Antrieb eine feine Sache, aber mit Sicherheit ebenfalls von der jeweiligen Streckenwahl abhängig.
Camping
Das Camping in Südamerika hat erst mal wenig mit dem klassischen Camping in Europa zu tun. Große Campingplätze mit Dauercampern und Parzellen gibt es nicht. Im Süden, d.h. vor allem in Argentinien und Chile gibt es aber durchaus private und öffentliche Campingplätze, da die Argentinier und Chilenen auch selber gerne campen gehen (überwiegend mit Zelt). Weiter in Richtung Norden wird die Dichte der Campingplätze zwar deutlich geringer, aber es gibt dafür sehr häufig die Möglichkeit bei Hostels oder Hotels zu stehen und für einen überschaubaren Preis (meist irgendwas zwischen 5 und 15 Euro) deren Infrastruktur zu nutzen. Die gute Nachricht lautet auf jeden Fall, dass man immer einen Stellplatz findet. Die Qualität variiert dabei sehr stark und wir fanden es ganz im Norden, d.h. vor allem in Ecuador und Kolumbien etwas schwieriger Plätze zu finden, auf denen man nicht nur schlafen sondern auch die Tage rund um das Auto verbringen möchte. Dafür werden auch die Zimmer in Hostels oder Hotels immer bezahlbarer, so dass einen auch eine gelegentliche Übernachtung in einer Unterkunft nicht in den Ruin treibt.
- Der beliebte Campingplatz „Swiss Wasi“ im Norden Perus
- Der Stellplatz „Paraiso Suizo“ in Uruguay
An einigen Orten haben sich die sehr beliebten „Overlander-Stellplätze“ entwickelt. Meistens aus einem Zufall entstanden und von den Besitzern immer mehr an die Bedürfnisse der Reisenden mit dem eigenen Fahrzeug angepasst. Auf diesen Plätzen findet man dann auch mal eine Waschmaschine, meistens passables Wifi, eine warme Dusche, teilweise selbstgebackenes Brot und eben alles was einem sonst häufig fehlt. Als Beispiele können wir folgende nennen: Finca Sommerwind, Ecuador, Swiss Wasi, Peru, Quinta Lala, Peru, Hotel Oberland, Bolivien, Paraiso Suizo, Uruguay u.v.m. (alle bei iOverlander anhand der vielen Bewertungen leicht zu identifizieren).
- Solche idyllischen Campingplätze findet man fast nur in Argentinien und Chile
- Im Altiplano ist Wild-Camping in der Regel kein Problem
Das freie Camping ist in Südamerika grundsätzlich erst mal kein Problem. Während man in Europa mancherorts ggf. von der Polizei verjagt wird, wünschen einem die Beamten hier maximal eine gute Nacht. Die Frage, die sich beim Wildcamping eher stellt, ist wieviel Vertrauen man in die jeweilige Umgebung hat und wie gut man noch schläft, wenn man sich in der Hinsicht nicht ganz sicher ist. Das Ganze hängt mit Sicherheit auch sehr stark vom Fahrzeug ab. Wir haben rund um unser Hubdach nur Zeltwände und sind daher gefühlt wenig geschützt und auch der Geräuschkulisse der Umgebung ungefiltert ausgesetzt. Letzteres hält uns in der Regel auch vom Camping in Innenstädten oder an Tankstellen ab. Wir campen vor allem wild an Plätzen mitten in der Natur, die abgelegen und nicht einsehbar sind und an denen sich die Nacht aufgrund der schönen Umgebung wirklich lohnt.
Klima
In Südamerika ist es immer warm? Wir haben tatsächlich Leute getroffen, die nur kurze Hosen im Gepäck hatten. Die mussten dann auf die harte Tour lernen, dass dieses Gerücht bei weitem nicht stimmt. Wir haben uns zwar kleidungstechnisch auf alle Klimazonen vorbereitet, waren aber dennoch teilweise überrascht über wie weite Strecken wir mit der Kälte zu kämpfen hatten. Über das kühle, windige Patagonien waren wir uns auch vor der Reise im Klaren. Aber das Altiplano in Argentinien, Bolivien und Peru hatten wir irgendwie nicht so richtig auf dem Schirm. Natürlich hängt das Wetter sehr stark von der Reisezeit ab, allerdings schafft es wohl niemand den ganzen Kontinent zu bereisen ohne auch mal zu frieren. Im Süden gibt es wie bei uns alle Jahreszeiten, der Sommer in Patagonien ist oft freundlich aber immer windig. Sobald man Patagonien in Richtung Norden verlässt wird es richtig angenehm und oft warm.
- Auf der Salar de Uyuni wird es vor allem nachts verdammt kalt
- So sieht Camping bei Wind und Kälte in Bolivien aus
Die Wüsten im Norden Chiles und in Peru sind naturgemäß trocken und tagsüber warm, aber nachts teilweise empfindlich kalt. Da wir dort bereits im hiesigen Herbst / Winter waren, wurden die Tage kürzer und je näher man dem Äquator kommt, desto weniger ändert sich die Länge der Tage überhaupt noch. Das heißt, dass es dann bereits um 18 Uhr dunkel ist und eben auch manchmal sehr früh schon sehr kalt. Wir sind plötzlich deutlich früher ins Bett gegangen. Das Gleiche gilt für die Höhe. Die Tage sind oft sonnig, warm und trocken, die Nächte aber frostig. Das ist gerade beim Camping manchmal eine Herausforderung. Unsere tiefste Temperatur haben wir in Bolivien erreicht, bei nachts -20 Grad. Da die Anden sich bis in den Norden des Kontinents durchziehen, kann man auch in Ecuador und Kolumbien noch kühles Wetter haben, je nach Höhe. Der einzige Ort an dem es wohl immer heiß und schwül ist, ist die Karibikküste Kolumbiens. Hier haben wir erstmals mit der Hitze gekämpft. Aber irgendwas ist ja immer und mit den richtigen Klamotten lässt sich das Wetter meistens gut aushalten. Allerdings sollte man sich gut überlegen was für eine Südamerika-Reise alles im Koffer landet, nur mit Bikini und Boardshorts kommt man nicht so richtig weit.
Wir hoffen, dass dieses kleine Fazit zu einigen der Themen, die einen auf einer Reise durch Südamerika beschäftigen ein wenig weiterhilft und geben natürlich auch zu anderen Themen gerne Auskunft. Schaut auch gerne mal in unsere „Tipps und Tricks“, dort haben wir weitere Themen zu der Reise zusammengetragen. Wenn noch etwas fehlt oder ihr Fragen habt, schreibt uns gerne eine Mail: info@dulliexploring.com.
Hallo Ihr Abenteurer,
wir sind zwei Frau und haben vor, 3 Monate durch Chile, Argentinien, Bolivien und Peru zu fahren mit unserem Campingauto. Unser Umfeld das bereits Erfahrungen mit Südamerikareisen hat (allerdings nicht mit Camper sondern Hostel und öffentliche Verkehrsmittel), hat Bedenken gegenüber unserer Idee geäussert, da es wohl ein Unterschied sei, ob 2 Frauen alleine reisen oder Pärchen/Männerteam. Hat jemand von euch Erfahrungen gemacht/ reisende Frauen getroffen bzw. Tipps was wir unbedingt beachten sollten, wenn wir mit unserem Auto reisen und auch darin schlafen? Über hilfreiche Tipps wären wir euch sehr dankbar.
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